Allgemeinsonstige Turniere

Auf der Suche nach der verlorenen Unterfränkischen: Aus dem Schachtagebuch von Jonathan Simon

13. April 2009 (Ostermontag):

Heute nun war es endlich so weit. Die erste Runde der Unterfränkischen Meisterschaft im Schach fand heute in Aschaff  Obernau statt. Nachdem ich bisher nur bei den Jugendmeisterschaften in Hobbach mitgespielt habe, war es natürlich schon ein bisschen etwas anderes bei den ganzen Erwachsenen mitzuspielen und die Aufregung natürlich entsprechend groß. Michael Stadtmüller fuhr Marius, Florian und mich nach Obernau (er spielte auch selbst mit!). Das Turnier findet in einer großen Halle statt, welche unmittelbar an einem Waldstück gelegen ist. Als wir ankamen (es war herrliches Frühlingswetter), mussten wir uns zunächst nochmal anmelden. Aus den Lautsprechern klang gewöhnungsbedürftige Volksmusik. Danach wurden kurze Reden gehalten und man monierte den Teilnehmerrückgang im Vergleich zu früheren Unterfränkischen (es sind 77 Teilnehmer). Margareta Walther (die 1. Vorsitzende des USV), erwähnte, dass man wieder über 100 Teilnehmer anstrebe.

Auch Michael Pfarr war dabei, der mir einige Spieler und die Organisatoren inklusive Schiedsrichter Jürgen Müller vorstellte. Es gibt dort drei verschiedene Spielklassen: Die Meisterklasse 1 (Michael P. führte mich an den Brettern vorbei und meinte nur, dass er da gar nicht spielen will denn die wissen schon wie die Figuren ziehen), die Meisterklasse 2 (in der Michael P. und Markus Susallek spielten) und das Hauptturnier (was anscheinend auch Aufstiegsturnier genannt wird). Das Hauptturnier ist nochmals unterteilt in eine A- und eine B-Gruppe. Ich selbst spiele in der A-Gruppe (zusammen mit Arnold Kraus und Thomas Schnetter). In der B-Gruppe spielen die meisten Mömbriser! Michael Stadtmüller, Frank Freund, Fritz Scholz, Marius Böhl und Florian Grünewald. Aber wahrscheinlich ist es besser so, denn dann muss ich nicht gegen so viele aus dem eigenen Verein spielen.

Dann begann auch schon die erste Runde! Ich spielte am letzten Brett und mein Gegner hieß Michael Schreck und einen Schrecken jagte er mir mit seinem ersten Zug 1. c4 zum Glück nicht ein. Nach 9 Zügen enstand die folgende Stellung:

Schreck, Michael – Simon, Jonathan

Stellung nach 9. Dc2.

Hier spielte ich den Zug 9. …, Sc7 und später in der Analyse kritisierte Michael Pfarr diesen Zug und meinte, dass der Springer da ein bisschen komisch stehen würde. Ich war aber sehr stolz als ich diesen Zug machte, da ich letztens im Watson erst eine Partie gesehen habe, in der die Springer auf c6 und c7 standen. Mir gelang es schließlich den Bauern c5 zu mobilisieren und mein Gegner musste einen Turm geben, um ihn aufzuhalten. Danach gab er auf! Ein guter Start, denn ich bin an 20 von 21 gesetzt.

Michael Pfarr spielte gegen Peter Marx und machte schon nach 12 Zügen remis… Michael Stadtmüller und Fritz trafen schon gleich in der ersten Runde aufeinander und es ging, wer hätte es gedacht, ebenfalls remis aus. Arnold Kraus konnte seine Partie auch gewinnen. Florian Grünewald verlor gegen den Jugendspieler Johannes Helgert aus Würzburg, aber Marius schaffte ein Remis. Florian spielte die Drachenvariante im Sizilianer (die muss ich auch mal spielen) und erreichte einen ziemlich guten Angriff, doch nachdem er die Damen tauschte verflachte alles ein bisschen.

Helgert, Johannes – Grünewald, Florian

Damentausch war unnötig und vergab das Angriffspotenzial.

In dieser Stellung tauschte Florian die Damen. Wahrscheinlich hatte er Angst, dass nach …, Dc7 der Einschlag Lxf7+ kommt und er dann einen Bauern verliert. Wie mir die Engine aber zeigt, war diese Sorge unbegründet gewesen und zu materialistisch gedacht. Nach …, Dc7 hat Schwarz einen gewinnbringenden Angriff.

Frank hatte auch eine ziemlich taktische Partie und es sah so aus, als wäre sein Königsflügel ziemlich unter Druck geraten.

Feichnter, Esther Fee – Freund, Frank

Stellung nach 15. Lh6.

Seine Gegnerin hatte gerade 15. Lh6 gespielt und die Konstellation am Königsflügel sieht ziemlich gefährlich aus für Frank. Er schlug aber mutig einfach zu und nach …, gxh6 16. Dxh6, f6 war soweit alles sicher und er gewann wenig später.

Abends fuhr uns dann Michael wieder nach Hause, aber morgen geht es ja schon weiter! Ich spiele dann mit Weiß gegen Jürgen Liebler. Mal schauen ob mir vielleicht der Trick mit Db3 gelingt, wenn er zu früh …, Lf5 spielt?!

Das Wetter soll übrigens sehr warm werden für April. Vielleicht können wir sogar schon in T-Shirts spielen, aber es könnte auch noch Gewitter geben diese Woche. Und wer weiß vielleicht gelingt mir sogar der Aufstieg in die M2? Ich werde die Ereignisse auf jeden Fall hier in meinem Schachtagebuch festhalten!

Anmerkungen

  • Dies ist der Auftakt zu einer Serie von Berichten, die diese Osterwoche veröffentlicht werden.
  • Ostern 2020 fällt genau auf die gleichen Tage wie Ostern 2009. Die geschilderten Ereignisse sind also exakt 11 Jahre her.
  • Der Zug 11. …, Sc7, den Jonathan damals spielte ist laut Stockfish 11 sogar mit der beste Zug!
  • Die Partie Jonathan Simon – Jürgen Liebler vom 14.04.2009 nahm den Verlauf 1. d4 Nf6 (1… d5 2. c4 c6 3. Nc3 Nf6 4. e3 Bf5?! 5. cxd5 cxd5 6. Qb3 ist der übliche Weg diese Stellung zu erreichen) 2. c4 c6 3. Nc3 d5 4. e3 Bf5?! 5. cxd5 cxd5 6. Qb3! und Schwarz steht unter Druck, da 7… Qd7 die Dame auf ein ungünstiges Feld stellt. Dennoch, die Partie ging nach 18 Zügen remis aus.
  • Michael Pfarr spielte nach dieser Unterfränkischen immer in der M1 (wenn er denn spielte bzw. kein Schiedsrichter war), obwohl er in Obernau mit dem sechsten Platz nicht offiziell aufgestiegen war. 
  • Der Aufstieg in die M2 gelang mir erst ein Jahr später.
  • Das Ziel der 100 Teilnehmer wurde leider bis heute nicht erreicht. 2012 waren wir in Schweinfurt mit 91 Teilnehmer noch am nähesten dran.
  • Ich kann mich noch erinnern, dass es Donnerstags ein ziemlich heftiges Gewitter gab. Es war aber teilweise so warm, dass wir Mittags im T-Shirt auf der Treppe zwischen Parkplatz und Spielhalle gesessen haben.
  • „Das Turnier findet in einer großen Halle statt, welche unmittelbar an einem Waldstück gelegen ist“: Diese Ausdrucksweise verwendet auch Willy Lohmann 10 Jahre später in seinem Brief an seine Frau Linda, als der die UEM 2019 in Obernau besuchte (siehe: Das Spiel von Königen und Königinnen, Teil 4: Briefe eines Handlungsreisenden).
  • Wer mehr aus dem Schachtagebuch von Jonathan Simon lesen möchte, den verweise ich auf den Bericht zur UEM in Stetten 2015. Hier wurde die komplette Meisterschaft behandelt (und es war mein allererster Bericht, auf unserer Homepage).

 

Text und Diagramme: Jonathan Simon

 

 

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